Hand-Gedanken am Morgen
Wer eine Nacht in den frühen Morgenstunden abbricht, und sich in einem halbwachen Zustand in der Welt zurechtzufinden versucht, findet allerhand Liegengebliebenes in seinen Gedanken. Wie ein altes Kinderlied, wiederholen sich immer wieder die selben Reime: das Unerledigte, das auf die Seite Geschobene lugt da unter der Decke hervor und zupft und ist lästig.
Das ist die Geschichte mit diesem Blog, dass man sich auf einmal in der Situation des Briefeschreibers wiederfindet, denn es alles andere als wahrscheinlich, dass ein übelmeinender Mensch sich tatsächlich die Zeit nimmt, auch nur einen Satz von jemandem zu lesen, der ihm sowieso gestohlen bleiben kann. Also erzähle ich wie ein Springbrunnen, einfach nur aus Freude am Plaudern, aus Lebensfreude.
Wie genau diese Gesten meinen Vorstellungen der jeweiligen Personen unterlegen ist erstaunlich.
Im Halbschlaf taucht das Fröhliche auf
Mit 26 in meiner Wiener Küche
Auf diersem Foto sind die Dinge, die mich bis heute beschäftigen : Farben, alte Keramikfleisen, wunderbar gewebte Textilien, Brot.
In meiner Erinnerung leben alle Menschen in meiner Küche in der Wohllebengasse weiter. Die Gespräche über Kunst, die Öffnung des Eisernen Vorhanges, die endlosen Stunden mit Skripten, der Stress, noch schnell auf die TU zu rennen, unterm Arm die Zeichnungen, der Schnee, der in den frühen Morgenstunden über den Schwarzenbergplatz weht, die Arbeit im Büro meines Vaters nebenan, immer unter Zeitdruck, das Rattern der Xerox-Maschine beim Fotokopieren, der Kaffeegeruch den ganzen Tag
Erfüllte Träume
Es war immer mein Wunsch, diese Wohnsituation meines Vaters wieder zu erschaffen. Wohnen und Arbeiten im selben Gebäude hat für mich nur Vorteile. Die Zeit, die man sich erspart, wenn man bei der einen Türe hinaus und bei der anderen hineinspaziert, ist wahrscheinlich nur in Jahren zu messen, die man nicht in der Kälte oder in einem Stau steckt.
Es ist grossartig, wenn man die - angenommen- acht Stunden täglich lose auf den ganzen Tag verteilen kann. Kochen, Wäsche waschen, kein Problem bei den Haushaltsarbeiten. Das haben ja viele Menschen im Homeoffice genauso gemacht.
Einen Falken halten
Wenn meine Grossmutter mir als kleines Mädchen von ihrer Heimat auf dem Gut Fürstenwerder in Ostpreussen erzählte, stellte ich mir sie als kleine Prinzessin vor, die einen eigenen Falken besitzt. Sie ist die Weichsel-Prinzessin, die einzige Tochter des Deichgrafen mit den vier Söhnen.
Selbständigkeit
Ein ganz wichtiges Thema ist für mich die Selbständigkeit.
Wie viele Frauen, habe ich nie damit gerechnet, nach der Geburt meiner drei Kinder so rasch und so komplett in eine finanzielle Abhängigkeit zu geraten. Ohne die Unterstützung einer unterbezahlten Hilfskraft ist es mir nicht gelungen, die zersplitterten Schulstunden und eine halbwegs produktive Arbeitsleistung unter einen Hut zu bekommen. Dazu kam die Forscher-Karriere meines Mannes, die mir fast überhaupt keine Minute mehr für mich selbst liess. Dazu kam noch, dass unsere Kleinfamilie allein auf sich gestellt auch noch mit einer fremden Sprache, weit weg von Familienbanden zurechtkommen musste.
Hoffnung
Zum Glück ist es mir gelungen, mein Ziel, es doch noch in die eigene Selbständigkeit zu schaffen, nie aus den Augen zu verlieren.